
Daran erinnern sich Ex-NVA-Mitglieder heute gern!
Daran erinnern sich Ex-NVA-Mitglieder heute gern
Wenn ehemalige Angehörige der Nationalen Volksarmee erzählen, klingen neben Kritik und Ambivalenzen oft auch warme, handfeste Erinnerungen an: an Kameradschaft, an erlerntes Können, an Verlässlichkeit im Alltag – und an die kleinen Lichtblicke, die den Kasernenrhythmus trugen. Jenseits politischer Bewertungen bleibt für viele ein prägender Lebensabschnitt zurück, in dem man jung war, sich bewährte und an Grenzen wuchs.
Kameradschaft, die trägt
Am häufigsten fällt das Wort Zusammenhalt. Wer Nebel, Regen, Kälte und endlose Antretezeiten gemeinsam erlebt hat, teilt etwas, das hält. In Stuben und Zügen entstanden eingespielte Teams: Einer wusste, wie man den Ofen schneller zum Glühen bringt, die andere kannte jede Abkürzung durchs Gerätewesen, der Dritte hatte immer Nadel und Faden parat. Aus dem Pflichtprogramm wurde so ein weiches Netz aus Hilfsbereitschaft, Insiderwitz und stiller Solidarität – besonders dann, wenn die Uhr schon kurz vor Zapfenstreich stand und die Spinde noch millimetergenau sitzen mussten.
Handwerk, das bleibt
Viele erinnern sich gern an Fertigkeiten, die sie nie wieder vergaßen: Zelt auf- und abbauen bei Wind, Feuer machen im Regen, Karten und Kompass lesen, Funkverkehr knapp und klar absetzen, Erste-Hilfe im Ernstfall, Ausrüstung pflegen, Werkzeug sachgerecht einsetzen. Diese Schule der Praktikabilität war selten elegant, aber robust – und zahlt sich bis heute aus, wenn ein Auto liegenbleibt, ein Regal wackelt oder bei einer Wanderung plötzlich der Weg fehlt.
Sport, Wettkampf, Leistungsstolz
Ob Hindernisbahn, 3.000-Meter-Lauf, Kraftzirkel oder Staffelwettkampf: Das sportliche Antreten war für viele Schweiß und Stolz zugleich. Nicht die Stoppuhr allein, sondern das Gefühl, als Gruppe besser zu werden, trug. Urkunden, Abzeichen, die ewige Debatte um Bestzeiten – all das hat Spuren hinterlassen. Wer sich im Team durch Schlamm und Dornen kämpfte, erinnert sich an das „Wir“, das am Ende eines langen Tages die Laune rettete.
Technikfaszination
Auch Technik weckt gute Erinnerungen: der Geruch von Waffenöl in der Waffenkammer, das satte Anspringen alter Lkw, das Summen der Funkgeräte, das Kribbeln bei der ersten Schießbahn mit scharfer Munition, das Gefühl, ein komplexes System endlich zu beherrschen. In der Volksmarine waren es Wachen an Deck, Navigationsübungen, Hafenmanöver; in den Luftstreitkräften der Blick auf rollende Maschinen, das geschlossene Räderwerk der fliegenden Dienste. Technik war nicht bloß Material – sie war Verantwortung und Vertrauen.
Struktur, die entlastet
So sehr der Drill auch nerven konnte: Viele erinnern sich positiv an Ordnung und Planbarkeit. Der Tag hatte Rhythmus – Antreten, Ausbildung, Verpflegung, Diensteinteilung, Feierabend. Man wusste, woran man war, und konnte sich auf andere verlassen: Wenn um 06:00 der Wecker ging, standen um 06:05 die ersten schon fertig parat. Diese Verlässlichkeit prägt oft bis heute Arbeitsstil und Umgang mit Terminen.
Kleine Freuden im grauen Takt
Besonders warm klingen die Geschichten über das Alltägliche: Päckchen von zu Hause, ein guter Platz in der Kantine, die seltene Extrastunde Schlaf, Klubabende mit Musik, ein gemeinsamer Tee auf der Stube, der erste Heimaturlaub nach gefühlter Ewigkeit. Der Humor war lebenswichtig: Wortspiele, Stubenwitze, gezeichnete Kalender, kleine Rituale – die Ironie schützte vor Verdruss und machte harte Tage leichter.
Mentoren und faire Vorgesetzte
Neben Schattenseiten gab es die Ausbilder, an die man sich gern erinnert: klar, fachlich stark, gerecht. Wer forderte, ohne zu demütigen, wer Fehler erklärte statt sie nur zu ahnden, blieb als positives Vorbild haften. Manche konnten mit zwei Sätzen einen Zug „auf Kante“ bringen und gleichzeitig das Gefühl geben, gesehen zu werden. Diese Begegnungen schärften das eigene Gespür für Führung – viele übertragen es später auf Beruf und Familie.
Natur, Jahreszeiten, Gelände
Mancher erinnert sich mit einem Lächeln an Märsche im Morgengrau, an Reif auf Koppeln, an den Geruch nasser Kiefern, an den Augenblick, wenn nach langem Übungstag endlich die Sonne durchbrach. Geländeausbildung bedeutete Kälte, Dreck und Blasen – aber auch Schönheit zwischen zwei Befehlen: eine Lerche über dem Schießplatz, eine klare Nacht im Feld, das leise Brummen der Truppe, bevor der nächste Abschnitt begann.
Persönliches Wachstum
Nicht zuletzt war die NVA für viele ein Ort des Erwachsenwerdens: Man lernte, einzustehen, Aufgaben durchzuziehen, Angst auszuhalten und im Zweifel weiterzumachen. Wer das einmal erlebt hat, erkennt später im Zivilleben schneller, was wirklich zählt: Teamgeist vor Eitelkeit, Vorbereitung vor Sprüchen, Ruhigbleiben vor Panik. Aus Pflicht wurde Selbstvertrauen.
Was von alledem bleibt
Wenn Ex-NVA-Mitglieder heute gern zurückblicken, dann selten auf das System – sondern auf Menschen, Erlebnisse, Fähigkeiten. Nicht die Parole, sondern die Person; nicht die Parade, sondern der Kamerad; nicht die Schrankwand der Vorschriften, sondern der Abend, an dem man gemeinsam lachte, obwohl der Tag hart war. Aus Uniformtagen wurden Geschichten, aus Geschichten Haltungen: Zuverlässigkeit, Pragmatismus, Humor, ein Sinn für Gemeinschaft.
Fazit
Die angenehmen Erinnerungen an die NVA speisen sich aus dem Konkreten und Menschlichen: Kameradschaft unter Belastung, greifbares Können, spürbarer Fortschritt, Verantwortung für Material und Miteinander, kleine Freuden im Takt großer Pläne. Wer davon erzählt, erzählt oft auch von sich selbst – von einem Ich, das im Wir stark wurde. Genau deshalb klingen diese Erinnerungen, bei aller historischen Nüchternheit, auch Jahrzehnte später noch warm nach.


