Updated Oktober 5, 2025
Die NVA – wem interessiert sie heute noch?
Die Beschäftigung mit der NVA (Nationale Volksarmee der DDR) ist weiterhin lebendig, und es gibt durchaus aktuelle Themen, die historisch, gesellschaftlich oder politikwissenschaftlich relevant sind. Hier sind einige der zentralen Fragen und Trends, die derzeit nachgefragt werden:
Militär und Gesellschaft / Sozialisation und Alltag der Soldaten
Wie wurden die Rekruten ideologisch und praktisch geformt? Wie lief der Alltag in den Kasernen ab? Welche Konflikte und Alltagsprobleme traten auf?
Insbesondere wird bei Unteroffizieren („UaZ“, Unteroffizier auf Zeit) untersucht, wie sie zwischen Parteikontrolle, militärischer Hierarchie und eigenen Konflikten standen.
Militärische Binnenstruktur, Eliten und Karrierewege
Wer waren die Generale und Offiziere (Herkunft, Ausbildung, Parteibindung)? Wie verliefen Karriereverläufe, speziell im Spannungsfeld politischer Loyalität und militärischer Kompetenz?
Auch die Erforschung von „Kader“ und Selektion (z. B. Parteimitgliedschaft, Zugehörigkeit zum sozialistischen System) ist von Interesse.
Militärtechnologie, Rüstung, Bewaffnung und Innovation in der DDR
Welche Rolle spielten technologische Entwicklungen in der NVA, insbesondere in Verbindung mit dem DDR-Wissenschafts- und Techniksystem?
Wie war die Kooperation oder Abhängigkeit von sowjetischer Technik? Wie verlief der Versuch zu eigener Entwicklung?
(Das Thema Militärtechnik ist auch Teil der DDR-Technikforschung allgemein.)
Militärische Strategie, Bündnisbindung und Einsatzplanung
Wie war die NVA in das Warschauer-Pakt-System eingebunden? Welche Kriegspläne gab es, z. B. zu Berlin („Operation Zentrum“) oder im Rahmen einer möglichen Intervention?
Wie eng war die Koordination mit sowjetischen Streitkräften, und in welchem Maße hatte die DDR Eigenständigkeit?
Auch: die Frage, ob und in welchen Fällen die NVA bereit gewesen wäre, innerstaatlich gegen die DDR-Bevölkerung eingesetzt zu werden.
Bausoldaten, Wehrdienstverweigerung und Andersdenkende
Der Sonderfall der Bausoldaten (unbewaffneter Wehrdienst) ist ein attraktives Thema: Wie funktionierte diese Institution, welche persönlichen Konsequenzen ergaben sich?
Daneben: wie die NVA mit Soldaten umging, die sich kritisch äußerten oder ihrer ideologischen Rolle zu entziehen suchten.
Erinnerung, Gedenken und Transformation nach 1990
Wie geht die Gesellschaft mit dem militärischen Erbe der DDR um? Welche Erinnerungskultur existiert (Museen, Gedenkstätten, Diskurse)?
Wie wurde die NVA in der Wiedervereinigung „in den Geschichtsrahmen“ eingeordnet (z. B. in militärhistorische Narrativen)?
Welche Rolle spielen ehemalige Angehörige (Veteranen) in diesen Prozessen?
Quellenerschließung und Dokumenteneditionen
Viele Projekte widmen sich der Veröffentlichung bislang unveröffentlichter Akten, Personalunterlagen, Tagebücher, Erinnerungen usw. So wird das Quellenfundament für neue Forschung verbreitert.
Die deutsche Militärgeschichte zwischen 1970 und 1990 wird in diesem Rahmen explizit bearbeitet.
Politik der DDR, Sicherheitspolitik und militärische Rolle im Staatssystem
Wie war das Verhältnis von Partei (SED), Staatsführung und Streitkräften? Wie stark war die Parteikontrolle, und wie wirkte sie sich aus?
Welche Rolle sollte die NVA im „sozialistischen Staat“ erfüllen (Statussymbol, Abschreckung, Innenpolitik)?
Auch: inwieweit war die NVA Teil der repressiven Struktur des DDR-Staates?
Internationale Militär- und Solidaritätsbeziehungen
In welchem Umfang unterstützte die DDR im militärischen oder rüstungstechnischen Sinne andere sozialistische Staaten oder Befreiungsbewegungen?
Wie funktionierten solche Verflechtungen konkret (Militärausbildung, Waffenlieferungen, Beratung)?
Auflösung, Übergänge und Folgen der Transformation
Wie wurde die NVA aufgelöst bzw. integriert (oder nicht) in die Bundeswehr?
Welche ökonomischen, sozialen und individuellen Folgen hatte dieser Prozess für ehemalige Soldaten?
Welche Perspektiven öffnete oder verschloss die Vereinigung?
Welche juristischen und sicherheitspolitischen Implikationen ergaben sich?
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