Updated Februar 7, 2025
Homosexualität war in der Bundeswehr über viele Jahrzehnte hinweg ein sensibles und oft tabuisiertes Thema. In den frühen Jahren nach der Gründung der Bundeswehr im Jahr 1955 galten homosexuelle Soldaten als sicherheitsgefährdend und moralisch ungeeignet für den Dienst. Wer sich als homosexuell bekannte oder entdeckt wurde, konnte aus der Truppe entlassen oder nicht in höhere Dienstgrade befördert werden. Diese Diskriminierung basierte auf der Annahme, dass homosexuelle Soldaten ein Risiko für die militärische Disziplin darstellten und durch ihre sexuelle Orientierung möglicherweise erpressbar seien. Insbesondere im Kalten Krieg galt dies als ernsthafte Bedrohung für die nationale Sicherheit.
In den 1980er-Jahren begann sich diese Haltung langsam zu verändern, auch wenn homosexuelle Soldaten weiterhin mit erheblichen Nachteilen rechnen mussten. Zwar wurden sie nicht mehr systematisch aus der Bundeswehr entfernt, doch ihre Chancen auf eine Offizierslaufbahn oder auf wichtige Posten blieben gering. Erst in den 1990er-Jahren fand ein grundlegender Wandel statt. Im Jahr 1994 wurde Paragraf 175 des Strafgesetzbuches, der homosexuelle Handlungen zwischen Männern kriminalisierte, endgültig abgeschafft. Diese rechtliche Änderung spiegelte sich auch in der Bundeswehr wider, wenngleich Vorurteile und strukturelle Benachteiligungen weiterhin bestanden. Ein wichtiger Meilenstein war das Jahr 2000, als das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass Homosexualität kein Hinderungsgrund für eine militärische Karriere sein darf. Damit wurde erstmals offiziell festgelegt, dass homosexuelle Soldaten nicht mehr diskriminiert oder von Beförderungen ausgeschlossen werden dürfen.
In den folgenden Jahren entwickelte sich die Bundeswehr zu einer immer offeneren und toleranteren Institution. Im Jahr 2010 trat die Bundeswehr der „Charta der Vielfalt“ bei, einem Bündnis, das sich für die Förderung von Diversität am Arbeitsplatz einsetzt. Dies war ein klares Signal, dass sexuelle Orientierung im Militär keine Rolle mehr spielen sollte. Seitdem gibt es in der Bundeswehr auch Netzwerke für homosexuelle und queere Soldaten, die sich für Gleichberechtigung und Sichtbarkeit einsetzen. Ein bedeutender Schritt in der Aufarbeitung früherer Diskriminierungen erfolgte im Jahr 2021, als der Bundestag ein Gesetz zur Rehabilitierung von Soldaten verabschiedete, die aufgrund ihrer Homosexualität benachteiligt oder entlassen worden waren. Betroffene konnten Entschädigungen beantragen und erhielten eine offizielle Anerkennung für das erlittene Unrecht.
Heute ist die Bundeswehr eine Armee, die sich aktiv für die Gleichstellung und Akzeptanz homosexueller Soldaten einsetzt. Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ist offiziell nicht mehr geduldet, und homosexuelle Soldaten haben dieselben Karrierechancen wie ihre heterosexuellen Kameraden. Die Teilnahme der Bundeswehr am Christopher Street Day und die Existenz offizieller Ansprechstellen für queere Soldaten zeigen, dass sich die Institution grundlegend gewandelt hat. Während es in der Vergangenheit große Hürden für homosexuelle Soldaten gab, ist die Bundeswehr heute eine Armee, die Vielfalt fördert und sich für die Rechte aller Soldaten unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung einsetzt.