Homosexuelle in NVA und Bundeswehr: Wer war hier der Spießer?

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Updated Februar 7, 2025

Welche Armee war toleranter gegenüber Schwulen?

Die Frage, welche deutsche Armee — die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR oder die Bundeswehr — homosexuellen Soldaten gegenüber toleranter war, ist nicht einfach zu beantworten, da beide Armeen ihre eigenen spezifischen Herangehensweisen und Herausforderungen in Bezug auf Homosexualität hatten. Aber es gibt einige klare Unterschiede und Entwicklungen, die helfen, die Toleranz in beiden Institutionen zu vergleichen.

Die NVA und Homosexualität

In der NVA war Homosexualität offiziell nicht strafbar, da die DDR 1968 den Paragrafen 175 des Strafgesetzbuches (der homosexuelle Handlungen unter Strafe stellte) abgeschafft hatte. Dies war ein fortschrittlicher Schritt im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland, wo Homosexualität weiterhin strafbar war. In der NVA selbst gab es jedoch keine offizielle Anerkennung oder Unterstützung für homosexuelle Soldaten. Vielmehr wurde Homosexualität als unsittlich und als ein Verstoß gegen sozialistische Moral betrachtet, der zu Disziplinarmaßnahmen führen konnte. Zwar wurden homosexuelle Soldaten nicht systematisch aus der NVA entlassen, aber sie mussten ihre Orientierung oft verbergen, um karrieretechnische Nachteile zu vermeiden. Wer seine Homosexualität öffentlich machte, konnte mit Beschränkungen bei Beförderungen und Versetzungen rechnen. Im Endeffekt war die Haltung der NVA gegenüber Homosexualität von einer offiziellen Duldung, aber einer inoffiziellen Diskriminierung und Stigmatisierung geprägt.

Die Bundeswehr und Homosexualität

Die Bundeswehr war, insbesondere in den ersten Jahrzehnten nach ihrer Gründung im Jahr 1955, deutlich weniger tolerant gegenüber Schwulen. Bis 1990 war Homosexualität in der Bundeswehr ein Karrierehindernis, und homosexuelle Soldaten konnten aus der Armee entlassen werden, wenn ihre Orientierung bekannt wurde. Der militärische Code betrachtete Homosexualität als ein Sicherheitsrisiko, da homosexuelle Soldaten theoretisch leichter erpressbar gewesen wären. Dies änderte sich erst im Jahr 2000, als das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass Homosexualität kein Hinderungsgrund für die militärische Laufbahn mehr sein dürfe. Vor dieser Entscheidung war die Bundeswehr in ihrer Haltung zu Homosexualität sehr restriktiv.

Ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Akzeptanz war die Entscheidung des Verteidigungsministeriums von 2001, dass homosexuelle Soldaten jetzt offiziell in allen Bereichen der Bundeswehr dienen dürften — auch in den Kampfeinheiten, die vorher zum Großteil für homosexuelle Soldaten tabu waren. Seitdem hat sich die Bundeswehr zunehmend für die Gleichstellung von homosexuellen Soldaten engagiert, einschließlich der Teilnahme am Christopher Street Day (CSD) und der Schaffung von Netzwerken wie QueerBw, die sich für die Rechte von homosexuellen, bisexuellen und transgeschlechtlichen Soldaten einsetzen.

Vergleich der Toleranz:

Im Rückblick lässt sich sagen, dass die NVA im Vergleich zur Bundeswehr zu Beginn der 1990er Jahre weniger diskriminierend war — aber nur in dem Sinne, dass Homosexualität in der NVA nicht offiziell strafbar war, während sie in der Bundeswehr noch ein Grund zur Entlassung war. In der Praxis waren jedoch beide Armeen in der Duldung homosexueller Soldaten äußerst zurückhaltend und die gesellschaftliche und institutionelle Diskriminierung blieb in beiden Fällen bestehen. Während die NVA homosexuelle Soldaten in der Regel ignorierte und diskriminierte, obwohl die Orientierung nicht mehr strafbar war, war die Bundeswehr von Anfang an strenger und verbot Homosexuellen aktiv den Zugang zum Militär.

Die Bundeswehr war anfangs deutlich weniger tolerant gegenüber homosexuellen Soldaten als die NVA, insbesondere weil Homosexualität dort bis 1990 nicht akzeptiert und mit Entlassung bestraft wurde. Die NVA, obwohl sie offiziell homosexuelle Handlungen nicht mehr kriminalisierte, betrachtete Homosexualität dennoch als gesellschaftliches Tabu und berufliches Hindernis. Die Bundeswehr hat sich nach 2000 in Bezug auf die Gleichstellung von homosexuellen Soldaten jedoch deutlich weiterentwickelt, während die NVA, aufgrund ihrer Auflösung 1990, diesen Wandel nie erleben konnte.


Heute ist die Bundeswehr eine der modernsten Armeen in Bezug auf LGBTQ+-Akzeptanz, während die NVA als sozialistische Militärinstitution eine viel weniger integrative Haltung gegenüber homosexuellen Menschen hatte.