Homosexualität in der NVA: Heimliche Duldung mit Einschränkungen

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Updated Februar 7, 2025

n der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR war die Haltung gegenüber Homosexualität ambivalent. Während Homosexualität in der DDR-Gesellschaft ab 1968 offiziell entkriminalisiert wurde, blieb sie innerhalb der NVA ein Tabuthema. In den ersten Jahren nach der Gründung der NVA im Jahr 1956 galt Homosexualität, wie in vielen anderen Armeen, als nicht vereinbar mit den Anforderungen an einen Soldaten. Sie konnte nicht nur zu sozialer Ausgrenzung führen, sondern auch zur Entlassung oder strafrechtlichen Verfolgung, da sie unter den damaligen Gesetzen als unsittlich angesehen wurde. Besonders in sensiblen Bereichen wie der militärischen Führung oder geheimdienstlichen Einheiten galt Homosexualität als potenzielles Sicherheitsrisiko, weil befürchtet wurde, dass homosexuelle Soldaten leichter erpressbar seien.

Mit der Strafrechtsreform von 1968 änderte sich die rechtliche Situation in der DDR, und schwule Handlungen zwischen Erwachsenen wurden nicht mehr strafrechtlich verfolgt. Diese Reform führte jedoch nicht zu einer vollständigen Gleichstellung innerhalb der NVA. Zwar wurden homosexuelle Soldaten nun nicht mehr grundsätzlich entlassen oder bestraft, doch sie waren weiterhin mit inoffiziellen Diskriminierungen konfrontiert. Wer sich als homosexuell outete oder dessen sexuelle Orientierung bekannt wurde, hatte kaum Chancen auf eine Beförderung oder eine Karriere in der Offizierslaufbahn. Auch wenn es keine offiziellen Richtlinien gab, die Homosexuelle aus der NVA ausschlossen, existierten in der Praxis zahlreiche Einschränkungen, insbesondere bei politischen Überprüfungen für höhere Dienstgrade.

Die gesellschaftliche Stigmatisierung von Schwulen in der DDR wirkte sich auch auf das Militär aus. Während homosexuelle Beziehungen im zivilen Bereich zunehmend toleriert wurden, blieb die NVA eine stark disziplinierte Institution, die traditionelle Vorstellungen von Männlichkeit und soldatischer Härte vertrat. Es wurde erwartet, dass Soldaten sich dem sozialistischen Ideal anpassten, das ein bestimmtes Bild von Moral und Kameradschaft beinhaltete. Homosexuelle Soldaten mussten sich daher oft verbergen, um berufliche Nachteile zu vermeiden. Besonders in Bereichen mit strengem politischem Einfluss, wie den Offiziersschulen oder in spezialisierten Einheiten, war es riskant, offen homosexuell zu sein. Beziehungen zwischen Soldaten konnten als Verstoß gegen die sozialistische Moral gewertet werden, und es bestand die Gefahr, dass Betroffene aufgrund von „unangepasstem Verhalten“ disziplinarisch bestraft wurden.

Mit der Auflösung der NVA am 3. Oktober 1990 und der Eingliederung in die Bundeswehr änderte sich die Situation für homosexuelle Soldaten nicht sofort. Die Bundeswehr hatte zu diesem Zeitpunkt ebenfalls noch Vorbehalte gegenüber Homosexualität, und viele ehemalige NVA-Soldaten mussten sich mit einer neuen militärischen Struktur arrangieren, die erst in den 2000er-Jahren begann, homosexuelle Soldaten offiziell gleichzustellen. Während die DDR in der Zivilgesellschaft mit der frühzeitigen Abschaffung des Paragrafen 175 fortschrittlicher war als die Bundesrepublik, blieb die NVA eine konservative Institution, in der Homosexualität zwar nicht mehr strafbar, aber auch nicht wirklich akzeptiert war. Wer homosexuell war, konnte zwar dienen, musste aber damit rechnen, in seiner Karriere eingeschränkt zu bleiben und durfte seine sexuelle Orientierung nicht offen ausleben.