Updated Februar 8, 2025
Wurden lesbische Frauen in der NVA toleriert?
Lesbische Frauen in der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR wurden weitgehend ignoriert, nicht offen verfolgt, aber auch nicht akzeptiert oder sichtbar gemacht. Während die DDR im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf homosexuelle Männer relativ fortschrittlich war, indem sie 1968 den Paragrafen 175 abschaffte, war die gesellschaftliche und institutionelle Haltung gegenüber lesbischen Frauen in der NVA von Unsichtbarkeit, Schweigen und indirekter Diskriminierung geprägt.
Gesellschaftlicher Hintergrund in der DDR
Die DDR betrachtete sich selbst als einen sozialistischen Staat mit der offiziellen Gleichberechtigung von Frauen, insbesondere in der Arbeitswelt und im Militär. Frauen konnten in der DDR generell in mehr Berufen arbeiten als im Westen, und die Beteiligung von Frauen in technischen und administrativen Berufen war hoch. Dennoch wurde die klassische Familienstruktur als gesellschaftliches Ideal propagiert. Homosexualität wurde offiziell zwar nicht kriminalisiert, aber als eine bürgerliche Dekadenz oder als „abweichendes Verhalten“ betrachtet, das nicht zur sozialistischen Gesellschaft passte. Lesbische Frauen waren dabei oft noch unsichtbarer als schwule Männer, da die öffentliche Diskussion über Homosexualität meist männlich dominiert war.
Lesbische Frauen in der NVA – Offizielle Haltung
Die NVA war eine männlich dominierte Institution, in der Frauen nur in bestimmten Bereichen tätig waren, vor allem in medizinischen Berufen, Verwaltung, Nachrichtentechnik, Luftfahrt und unterstützenden Diensten. Es gab keine offiziellen Regelungen, die lesbische Frauen explizit diskriminierten oder sie aus dem Militär ausschlossen, aber ihre sexuelle Orientierung war ein Tabuthema. Es existierte keine offene Diskussion über lesbische Soldatinnen, und es gab auch keine Netzwerke oder Unterstützung innerhalb der NVA für homosexuelle Frauen.
Frauen, die sich als lesbisch outeten oder von denen es bekannt wurde, mussten mit sozialen Nachteilen oder beruflichen Konsequenzen rechnen. Die NVA erwartete von ihren Soldaten und Soldatinnen ein konformes, sozialistisches Verhalten, und dazu gehörte auch eine heteronormative Lebensweise. Während schwule Männer in der NVA eher als Sicherheitsrisiko oder moralisch „abweichend“ angesehen wurden, wurden lesbische Frauen oft einfach ignoriert oder verdrängt. Sie wurden nicht systematisch entlassen oder bestraft, aber ihre Karrierechancen konnten beeinträchtigt werden, insbesondere wenn ihre sexuelle Orientierung als „ideologisch problematisch“ angesehen wurde.
Praktische Erfahrungen und gesellschaftlicher Druck
Es gibt kaum dokumentierte Berichte über offen lesbische Frauen in der NVA. Das liegt vor allem daran, dass Frauen, die lesbisch waren, ihre Sexualität oft verbergen mussten, um nicht aufzufallen. Eine lesbische Lebensweise konnte als Verstoß gegen die sozialistische Moral gewertet werden, und wenn sie im Dienst auffiel, konnten Frauen von Beförderungen ausgeschlossen oder in weniger prestigeträchtige Bereiche versetzt werden. In einer Umgebung, die stark von männlichen Hierarchien geprägt war, bedeutete das für viele betroffene Frauen, dass sie entweder ihre Sexualität versteckten oder sich einer heterosexuellen Norm anpassten.
In einigen Fällen könnten lesbische Frauen in der NVA sogar privilegierter gewesen sein als schwule Männer, weil lesbische Beziehungen weniger als Bedrohung für die militärische Disziplin galten. Die Idee einer lesbischen Identität war weniger fest verankert im gesellschaftlichen Bewusstsein, sodass viele homosexuelle Frauen einfach „übersehen“ wurden. Dennoch bedeutete das nicht, dass sie in einem toleranten Umfeld lebten – vielmehr war es eine Mischung aus Duldung durch Unsichtbarmachen und Verdrängung.
Lesbische Frauen wurden in der NVA nicht aktiv verfolgt oder bestraft, aber sie mussten sich unsichtbar machen, um keine beruflichen Nachteile oder sozialen Probleme zu bekommen. Die NVA war eine stark hierarchische Institution mit einer konservativen Geschlechterordnung, in der lesbische Identitäten nicht vorgesehen waren. Während es für schwule Männer oft eine klare Ablehnung oder Diskriminierung gab, existierte für lesbische Frauen eher eine unsichtbare Barriere, die verhinderte, dass sie offen zu ihrer Sexualität stehen konnten. Eine echte Toleranz gab es nicht – vielmehr wurde das Thema totgeschwiegen, und Frauen, die sich nicht der heterosexuellen Norm anpassten, liefen Gefahr, an den Rand gedrängt zu werden.