Das Leben im Militärgefängnis Schwedt: Härte, Angst und bleibende Traumata in der NVA

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Updated Oktober 1, 2024

Ursprünge des Militärgefängnis Schwedt

Das Militärgefängnis Schwedt galt als ein Ort der Angst und Gewalt, in dem Tausende junge Männer unter erschreckend harten Haftbedingungen ihre Disziplinar- und Freiheitsstrafen verbüßten. Der „Militärknast“ hinterließ bei vielen Insassen tiefgreifende und dauerhafte psychische Wunden. Ursprünglich war das Gebäude in Schwedt nicht als Gefängnis vorgesehen. Es sollte als Wohnheim für Arbeiter der Erdölraffinerie dienen. In den frühen Jahren der Nationalen Volksarmee (NVA) wurden aufsässige oder kriminelle Soldaten zunächst in das Haftarbeitslager Nitzow geschickt. Doch die Bedingungen dort erwiesen sich als ungeeignet für die militärische Erziehung. Daher begann die Armeeführung in den 1960er Jahren nach einer neuen Lösung zu suchen. Im Juni 1968 öffnete das Militärgefängnis Schwedt schließlich seine Tore und blieb bis Mai 1990 in Betrieb. Während dieser Zeit wurden dort Tausende junge Männer für Verstöße gegen die strengen Vorschriften der NVA inhaftiert. Die Haftbedingungen waren äußerst hart: Die Gefangenen wurden in winzigen Einzelzellen von wenigen Quadratmetern untergebracht, hatten kaum Kontakt zu anderen Menschen und waren der Willkür der Wärter ausgesetzt.

Wer wurde in Schwedt inhaftiert?

Die Insassen des Militärgefängnisses Schwedt kamen aus allen sozialen Schichten. Zu den häufigsten Gründen für ihre Inhaftierung zählten:

  • Disziplinarvergehen, wie Ungehorsam, Befehlsverweigerung oder Trunkenheit
  • Politische Delikte, wie Fluchtversuche, Desertion oder oppositionelle Aktivitäten
  • Straftaten, die in der Zivilgesellschaft begangen wurden, wie Körperverletzung oder Diebstahl

Die Haftbedingungen

Die Haftbedingungen und die Behandlung der Insassen im Militärgefängnis Schwedt variierten erheblich und wurden von verschiedenen Faktoren beeinflusst, darunter die Art der Verurteilung und die Dauer der Haftstrafe. Besonders bezeichnend ist die Tatsache, dass einige Gefangene ohne Gerichtsverfahren auf Anordnung des Kommandanten direkt nach Schwedt geschickt wurden. Dies weist auf eine willkürliche und zum Teil äußerst harte Handhabung innerhalb dieser Einrichtung hin.

Im Großen und Ganzen waren die Haftbedingungen im Militärgefängnis Schwedt äußerst grausam. Die Gefangenen wurden in kleinen, dunklen Zellen eingesperrt, die nahezu keine Bewegungsfreiheit boten. Streng bewacht, erhielten sie nur selten Besuch von ihren Familienangehörigen. Die Inhaftierten waren häufig körperlicher und psychischer Gewalt ausgesetzt. Sie wurden geschlagen, getreten und beleidigt. Besorgniserregend sind Berichte über Folter, die auf die 1960er Jahre in Schwedt zurückgehen. Folter ist eine untragbare und grausame Praxis, die gegen internationale Menschenrechtsstandards verstößt. Der Gedanke an Gefangene, die als „gebrochene Männer“ aus Schwedt zurückkehrten, verdeutlicht die extremen psychischen und physischen Qualen, denen sie ausgeliefert waren.

Selbst als in späteren Jahren andere Disziplinierungsmaßnahmen für die Insassen eingeführt wurden, blieben die Bedingungen im Militärgefängnis Schwedt offenbar äußerst hart. Der strenge Militärdrill, die langen Arbeitszeiten und die soziale Isolation führten zu erheblichem Stress und psychischen Belastungen. Die Zeit im Militärgefängnis Schwedt hinterließ bei vielen Inhaftierten bleibende Traumata und dauerhafte Schäden. Zahlreiche von ihnen litten unter posttraumatischen Belastungsstörungen, Depressionen und Angstzuständen.

Schließung des Armeeknast „Schwedt“

Die Schließung des Militärgefängnisses Schwedt im April 1990 markierte das Ende einer düsteren Epoche in der Geschichte der DDR. Durch die politischen Umbrüche und die Öffnung der Archive konnten die während der DDR-Zeit in Schwedt inhaftierten Menschen befreit und die Einrichtung geschlossen werden.
Bedauerlicherweise haben viele der ehemaligen Gefangenen bis heute kaum über ihre Zeit im Militärgefängnis Schwedt gesprochen. Dies könnte auf die traumatischen Erfahrungen und das lange vorherrschende Schweigegebot zurückzuführen sein. Die Verarbeitung solcher traumatischer Erlebnisse ist oft äußerst schwierig, und viele Betroffene benötigen professionelle Unterstützung, um darüber sprechen und ihre Erlebnisse bewältigen zu können.
Die Schließung des Gefängnisses und die Öffnung der Archive haben es jedoch ermöglicht, die Geschichte und die Schicksale der Inhaftierten ans Licht zu bringen. Die Aufarbeitung dieser dunklen Kapitel der Vergangenheit ist von großer Bedeutung, um die Erinnerung an die Opfer zu bewahren und sicherzustellen, dass sich solche Ereignisse nicht wiederholen. Es bleibt zu hoffen, dass diejenigen, die in Schwedt inhaftiert waren, die Unterstützung und Anerkennung erhalten, die sie verdienen, und dass ihre Geschichten gehört und dokumentiert werden.