Updated Oktober 15, 2024
Im Januar 1962, nur wenige Monate nach dem Bau der Berliner Mauer, führte die DDR die allgemeine Wehrpflicht ein. Diese Entscheidung stieß vor allem bei den Kirchen auf scharfe Kritik, da sie die Möglichkeit der Kriegsdienstverweigerung aus Glaubens- und Gewissensgründen forderten. Letztlich lenkte die DDR-Führung ein und führte am 7. September 1964 – als einziges Land im Warschauer Pakt – die Regelung zum Dienst ohne Waffe ein. Wer den Kriegsdienst verweigerte, wurde für 18 Monate als Bausoldat einberufen. Diese unbewaffneten Soldaten wurden zunächst für den Bau von militärischen Anlagen eingesetzt, später auch als Krankenpfleger oder Küchenhelfer. Die Bausoldaten waren Teil der Nationalen Volksarmee (NVA) und erhielten aufgrund des Spatensymbols auf ihren Schulterklappen den Beinamen „Spatensoldaten“. Neben der oft harten körperlichen Arbeit wurden sie auch überwacht.
Die Tatsache, dass junge Männer in der DDR den Waffendienst verweigern konnten, blieb ein streng gehütetes Geheimnis der Behörden. Man befürchtete negative Reaktionen sowohl im Inland als auch international. Aus diesem Grund wurden die Bausoldaten weitgehend von den regulären Soldaten isoliert gehalten. Sie hatten häufig mit Vorurteilen und Widerständen seitens ihrer Vorgesetzten zu kämpfen. Dennoch mussten auch die Bausoldaten militärische Disziplin erlernen: So traten sie beispielsweise zum Essen in Marschformation an oder marschierten stundenlang mit Schutzmasken am Strand. Demütigungen und Schikanen gehörten dabei zum Alltag. An Sonntagen wurden die Bausoldaten häufig zur Küchenarbeit herangezogen, was sich als reine Schikane herausstellte.
Um sich gegen die unfaire Behandlung zur Wehr zu setzen, griffen sie nicht zu Waffen, sondern machten von ihrem Recht Gebrauch, Beschwerden einzureichen. Allerdings wurde ihnen kein Gehör geschenkt, die Vorgesetzten hatten einen Ermessensspielraum, der sehr weit gefasst werden konnte.