War der Mauerbau 1961 in der DDR eine Überraschung?

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Updated September 9, 2024

In der Nacht vom 12. auf den 13. August 1961 begannen die Nationale Volksarmee (NVA), 5000 Angehörige der Deutschen Grenzpolizei, 5000 Mitglieder der Schutz- und Kasernierten Volkspolizei sowie 4500 Angehörige der Betriebskampfgruppen damit, die Straßen und Gleiswege nach West-Berlin zu sperren.

Auf beiden Seiten wurde mit Schwierigkeiten gerechnet. Der sowjetische Ministerpräsident Chruschtschow kündigte am 7. August 1961 eine Verstärkung der sowjetischen Truppen an den Westgrenzen sowie die Einberufung von Reservisten an. In der DDR beschloss der Ministerrat am 12. August den Einsatz der „bewaffneten Organe“ zur Besetzung der Grenze zu West-Berlin.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) erhielt am 12. August 1961 folgende Nachricht:

„Am 11. August 1961 fand eine Konferenz der Parteisekretäre der parteigebundenen Verlage und anderer Parteifunktionäre beim Zentralkomitee der SED (ZK) statt. Hier wurde unter anderem erklärt: […] Die ständig zunehmende Zahl der Flüchtlinge mache es notwendig, die Abriegelung des Ostsektors von Berlin und der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) in den nächsten Tagen – ein genauer Tag wurde nicht genannt – durchzuführen und nicht, wie ursprünglich geplant, erst in 14 Tagen.“

Der „Tag X“ fiel auf die Nacht vom 12. auf den 13. August. Die NVA, 5000 Angehörige der Deutschen Grenzpolizei, 5000 Mitglieder der Schutz- und Kasernierten Volkspolizei sowie 4500 Angehörige der Betriebskampfgruppen begannen, die Straßen und Gleiswege nach West-Berlin zu sperren. Sowjetische Truppen waren an den alliierten Grenzübergängen präsent und in Gefechtsbereitschaft.

Zunächst wurden die Sektorengrenzen abgeriegelt, wobei oft nur ein Zaun errichtet oder Hauseingänge zugemauert wurden.

Alle noch bestehenden Verkehrsverbindungen zwischen den beiden Teilen Berlins wurden unterbrochen. Dies betraf insbesondere die U-Bahn und S-Bahn, wobei die West-Berliner Linien auf den Tunnelstrecken unter Ost-Berliner Gebiet nur insoweit betroffen waren, dass die Stationen abgesperrt wurden und ein Ein- bzw. Ausstieg nicht mehr möglich war. Ab dem Abend des 13. August fuhren die Züge ohne planmäßigen Halt durch die zu sogenannten „Geisterbahnhöfen“ gewordenen Stationen. Nur die Linien, die den Bahnhof Friedrichstraße berührten, hielten dort zur Nutzung der eingerichteten Grenzübergangsstelle.

In den Tagen nach dem Mauerbau kam es zu Fluchtversuchen, teils aus den Fenstern der unmittelbar an der Grenze stehenden Häuser, deren Fenster in den unteren Geschossen zunächst zugemauert und später die Häuser abgerissen wurden.

Bis September 1961 desertierten 85 Angehörige der Sicherungskräfte nach West-Berlin. Zudem gab es 216 erfolgreiche Fluchtversuche von insgesamt 400 Menschen. Unvergessen sind die Bilder von Flüchtlingen, die an Bettlaken aus den angrenzenden Häusern herabgelassen wurden, einer alten Frau, die in ein Sprungtuch der West-Berliner Feuerwehr fiel, und dem jungen Grenzpolizisten Conrad Schumann, der in der Bernauer Straße über den Stacheldraht sprang.